Polyamant
Mittwoch, 5. Mai 2010
Ein paar neue Unterschiede

zwischen Menschen in einer monogamen Beziehung und in einer Polybeziehung lerne ich momentan.

Ich habe am Wochenende eine interessante Frau kennengelernt. Wir haben die ganze Nacht in einer für die Mainacht extra romantisch eingerichteten Jurte damit verbracht, bis zum Morgengrauen über irgendwie alles mögliche miteinander zu reden.

Was ich nun schön fand ist, daß ich das E. erzählen konnte. Selbst wenn mehr passiert wäre als eine durchgequatschte Nacht hätte ich das tun können. Ihre erste Frage war dann "Und? Hast Du Dich verliebt?" und sie war vor allem neugierig. Wie großartig ist das, wenn sich die Freundin darüber freut, daß man eine schöne Begegnung mit einer anderen Frau hatte? Welche Freundin sagt "Das ist gut!" zu einer solchen Geschichte?

Ich konnte ihr die Frage nach dem verliebt sein allerdings ehrlicherweise gar nicht so recht beantworten. Verliebt? Das weiß ich nicht. Noch nicht. Ich wollte in jener Nacht auch nicht wirklich darüber nachdenken, ich wollte die Begegnung einfach genießen. Ich weiß, ich mag sie sehr gerne und ich habe ihr gesagt, ich würde mich freuen, wenn wir befreundet sein könnten. Was sie erwiderte. Und genau soweit kann ich den Stand der Dinge erfassen und wiedergeben.

Freunde von mir, die mit mir zurück nach Köln gefahren sind, schüttelten dann ein wenig den Kopf über mich; sie verstehen nicht so ganz, daß ich die Nacht mit einer Frau zusammen war und wir dann doch "nur" geredet haben. Ein weiterer Unterschied wie ich meine, denn ich beobachte, daß das bei den Polys alles oft viel schneller - bzw. für meinen Geschmack sogar zu schnell - geht und der Sex gar nicht so selten schon als fast selbstverständlicher Abschluss des ersten Kennenlernens ansteht. Das ist mir aber zu hektisch und vor allem unnötig, ich glaube nicht, daß mir das entspricht. Wieso soll man sich denn nicht erst in Ruhe kennenlernen, mit all der Zeit und Intensität und Ruhe, die einem zur Verfügung steht? Es läuft ja keine Uhr ab und verpassen tut man auch nichts...

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Freitag, 30. April 2010
Als Satellit

Ich bin ja in so einigen Szenen und Peer Groups unterwegs: Blogger, Heidentum und Okkultismuskram, Netzpolitik, Tantra so irgendwie, Sci-Fi/Fantasy/Gaming Geeks, Informationsarchitektur und so weiter. Wenn ich mir das so ein wenig mit Abstand betrachte, fallen mir ein paar Dinge auf.

Einmal, daß ich relativ schnell die ganze Theorie und die Abläufe, sowie Antworten auf systemische Fragen wie "Warum macht man das eigentlich" und die historische Einordnung überschaue. Da muss ich mich nicht ein mal anstrengen, Analyse ist bei mir anscheinend ein gut funktionierender Automatismus und ich kann sehr schnell bis sofort die richtigen Schlüsse ziehen und sogar Hintergründe sauberer erklären als jemand, der mir zuvor eine vage Vorstellung vermittelt hat.

Zum anderen aber auch, daß ich mich auch nach Jahren immer so ein wenig wie ein Satellit vorkomme und ich frage mich wie das zustande kommt.

Ein Grund ist wohl mein Problem, mit Menschen eine rein soziale Verbindung zu etablieren. So gut ich mir Fakten merken kann so schnell verblassen Personen, was wirklich oft sehr ungerecht ist - und mir dann auch oft peinlich - weil es wirklich nicht so ist, daß mich die Menschen nicht interessieren. Sie entgleiten mir aber einfach, wenn ich sie eine Weile nicht sehe (eine Weile ist natürlich schon ein längerer Zeitraum: Sagen wir mal 2 Jahre). D.h. am Ende weiß ich die Fakten noch, die sind aber mit anderen Fakten verknüpft, indiziert und verschlagwortet worden um eine klare Gesamtinformation abzuspeichern. Allerdings sind sie dabei auch aus ihrem sozialen Konzext genommen worden, d.h. ich weiß nicht mehr, wer mir etwas gesagt hat und bei welcher Gelegenheit.

Das ist so lange unkritisch, so lange ich weiterhin mit den Personen zu tun habe. Wobei auch das relativ ist, denn ich kann zwar einige soziale Regelungen inzwischen ganz gut anwenden, aber andere verschließen sich mir. Es ist keine Absicht oder Desinteresse, daß ich mich nicht melde, wenn ich jemanden nicht mehr regelmäßig sehe. Ich habe das Gefühl, ich muss mich schon ständig sehr konzentrieren, den Kontakt zu meiner direkten Umgebung in einer "normalen" Weise zu halten. Die weitere Umgebung auch noch im Blick zu halten schaffe ich einfach nicht (Internetkram wie mein Blog, Twitter und Facebook haben hier aber in den letzten Jahren zum Glück ein gutes Stück abgeholfen).

Was daraus jedenfalls folgt ist immer das Gefühl, nicht so richtig dazuzugehören und als Satellit um einen schönen Planeten zu kreisen, den ich zwar gut beobachten und bewundern kann, aber nicht bewohnen. Manchmal schaffe ich es, dort zu landen - wie im Dezember, als ich bei einem Tantraworkshop mithelfen konnte - und zu erfahren, wie viel schöner es tatsächlich ist, mittendrin dabei zu sein. Eine Gefahr des Satellitendaseins ist es ja, den Mangel zur Tugend zu erklären. Zumindest das passiert mir inzwischen schon einige Zeit nicht mehr. Aber diese Blockade, das Unvermögen, von mir aus diesen Abstand zu verringern, ist leider noch immer da.

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Dienstag, 27. April 2010
Dich zu berühren

ist das Schönste. Dich anzufassen, Dich zu spüren, zu fühlen wie weich deine Brüste in meiner Hand sind und wie hart Deine Brustwarzen werden, die sich sofort zwischen meinen Daumen und Zeigefinger zwängen.

Wenn meine rechte Hand von deiner Wange über Deinen Hals und die Brüste streicht, bis ich deinen Bauch berühre, spannst Du Dich zuckend an und drückst Dich gegen mich. Wenn ich die linke Hand zwischen Deine Beine lege spüre ich wie es dort pulsiert, sich aufplustert und nach kurzer Zeit feucht wird, so daß ein Finger leicht in Dich hineingleiten kann. Dich so nah bei mir zu haben - Du lehnst mit dem Rücken an mir - ich streichle Dich mit einer Hand und halte Dich mit der anderen, den Finger in Dir liegend - ist eine wunderbare Meditation. Du sinkst immer tiefer in mich hinein.

Du schmiegst dich fest an mich, streckst mir den Hals entgegen damit ich ihn küsse, bewegst leicht dein Becken, umfasst den Finger in Dir, läßt ihn wieder los, umfasst ihn wieder, bis das Fließen zum Rauschen wird und Du glühst auf, umhüllst mich mit der Energie, die aus Dir strömt, wenn Du kommst, die Augen geschlossen und den Mund geöffnet und leise stöhnend.

Ich liebe diesen Moment. Es ist der Moment, an dem ich mich mit Dir zeitlos verbunden fühle. Eine kurze Ewigkeit, in die wir langsam zusammen hineinfließen und langsam zusammen wieder hinaus.

Ich glaube, das wollte ich Dir einfach nur mal sagen.

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Dienstag, 6. April 2010
Was schön ist

Dass man immer gleich mindestens zwei ganze Leben hat, über die man reden und erzählen und über die man zuhören kann.

Dass man sich schmutzige SMSe und Chatmessages schicken kann und wenn sie aus versehen mal bei D. ankommen meldet er sich und sagt, ich soll lieber damit aufhören, weil sie sonst noch eifersüchtig wird.

Die Offenheit und Ehrlichkeit. Nicht dass es kein Zögern mehr gäbe oder dass man sich oder dem anderen nicht auch manchmal etwas vormacht, aber am Ende wird alles ausgesprochen und geklärt sein, auch wenn es nicht sofort funktioniert oder man sich erst zusammenraufen muss. Allein zu wissen, dass keine schwierige Situation und kein Problem unter den Tisch gekehrt wird, ist eine schöne Sache, die mir viel Sicherheit und Stabilität gibt.

Dass es immer wieder neues zu entdecken gibt. Ich kann Veränderungen viel besser akzeptieren. Früher war eine Veränderung immer ein Risiko, heute sehe ich viel öfter die Chancen und werde nicht selten sogar belohnt dafür, dass ich sie zulasse, mittrage und mich selbst mit verändere. Die letzten drei Jahre habe ich so viele neue Erfahrungen auf Grund von Ereignissen und Begebenheiten gemacht, auf die ich mich früher wohl nie hätte einlassen können.

Der Sex. Natürlich auch und vor allem der Sex. Nicht nur dieses miteinander schlafen. Alles ist viel direkter und viel mehr aufs jetzt gerichtet. Das ganze miteinander umgehen ist intensiver, sexueller, fühlbarer geworden. Und ich merke, dass da noch eine unglaubliche Weite vor mir liegt, die es zu entdecken gibt.

Die freudige Spannung und die ungeduldige Erwartung dessen, was noch kommen wird. Der Alltag bremst mich da noch oft und hin und wieder wirft er mich auch in die Katatonik eines Lebens auf Schienen zurück, aber das bleibt nicht permanent. Nicht mehr. Ich bin schon allein dafür unendlich dankbar.

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Freitag, 26. März 2010
Das andere Teilen

Wenn man eine klassische Beziehung hat oder gar verheiratet ist und zusammen lebt dann gibt es jede Menge Probleme, die sich aus dem Umstand ergeben, daß man - haha - "in guten wie in schlechten Zeiten" miteinander auskommen muss. Rückzugspunkte sind extrem rar. Der persönliche Raum ist eng und wird immer enger, wenn man nicht aufpasst. Das muss man daher ständig verhandeln und im Auge behalten und Rücksicht nehmen und schafft das am Ende dann doch eher selten (oder eben gar nicht).

Der Blick auf Polybeziehungen fällt daher oftmals erstmal so aus: Die sind viel freier, können sich ganz nach Stimmung dem jeweils passenden Partner widmen und wenn der eine grade was vor hat geht man halt zum anderen. Die Kritikpunkte sind dann: Das ist letztlich der Übertrag des verantwortungsfreien Konsums in die Beziehungsebene. Alles ist unverbindlich und oberflächlich, was aber nicht auffällt, da ja genug Abwechslung auch davon ablenkt, daß man eigentlich keine tiefgehende Beziehung eingeht mit allem was dazugehört. Inklusive des miteinander auskommen müssens wenn es mal kracht.

Ich habe inzwischen einen etwas anderen Blick. Für mich ist eine Polybeziehung überhaupt nicht leichter oder oberflächlicher. Im Gegenteil, man muss viel mehr verhandeln und vor allem muss man eine im Vergleich zur klassischen Zweierkiste enorme Transparenz und Klarheit erzeugen, weil diese für das gegenseitige Vertrauen absolut notwendig ist. Was die "Tiefe" der Beziehung ist - und ich kann das mit meiner Vergangenheit glaube ich gut beurteilen - gibt es keinen Unterschied: Es gibt genau dieselben oberflächlichen Freundschaften, die Zweckbeziehungen, die heftig emotionalen Feuerwerke, die Jahre andauernde und immer weiter wachsende und sich verändernde Liebe... Nur mit dem Unterschied, daß eine Person mehrere davon hat. Und mit dem daraus folgenden Unterschied, daß sich dabei eventuell ein Zeitproblem ergeben kann, je nachdem, wie viele Partner oder Partnerinnen in einem ja nicht parallelisierbaren einzelnen Leben involviert sind.

Das heißt, man hat im Prinzip erst einmal dieselben Probleme wie monogame Paare. Dann hat man einige Probleme nicht oder vielleicht weniger stark. Alles was mit dem Komplex "Du liebst mich nicht mehr, wenn Du andere anschaust!" zu tun hat. Das ist - auch für mich - eine Wohltat. Nicht weil ich andere Partnerinnen habe (hab ich nicht) aber weil das kein Kriterium ist, über das ich nachdenken muss. In der Zweierkiste wird es hier viele Konflikte um Schuld, Geheimnistuerei und um den Vertrauensverlust geben, die normalerweise grundsätzlich zur Hinterfragung der gesamten Beziehung führen. Erst als ich diesen ganzen Komplex mal losgeworden bin habe ich festgestellt, wie belastend und vor allem wie unsagbar künstlich diese ganze Konstruktion ist.

Was daraus übrig bleibt ist allein das Teilen müssen. Das muss ständig verhandelt werden, denn wenn man da irgendwann zu kurz kommt weil mit jedem neuen Partner der Freundin weniger und weniger Zeit für die eigene Beziehung übrig bleibt wird man auch unglücklich.

Am besten Vergleichbar ist das mit einer Fernbeziehung. Am Anfang mag das noch romantisch sein: Jedes mal, wenn man sich sieht ist die gemeinsame Zeit ungleich intensiver. Der graue Alltag ist beiseite, die vorhandene Zeit wird 100% genutzt und man hat immer wieder neu die Freude des Wiedersehens und den Abschiedsschmerz. Es kommt aber irgendwann die Zeit, in der man auch mal lange reden muss. Oder ein Problem lösen. Oder etwas ausgerechnet während der Zeit zu tun hat, in der man eigentlich nur zusammen sein wollte. Oder in der man doch auch mal einen Streit hat. Dann bekommt man einen Stress, die man eben nur in einer Fernbeziehung hat, denn man hat darin immer einen recht nah gesetzten Zeitpunkt, an dem man wieder auseinandergehen muss und der macht einen verrückt wenns mal nicht so gut läuft.

Und wenn der Abstand zum nächsten Wiedersehen immer länger wird und die Zeit bis zum neuen Abschied immer kürzer nutzt es einem wenig, dass man sich der Liebe des anderen sicher sein kann: Man wird latent unzufrieden und weiß nicht, wie man mit seinen Ansprüchen umgehen soll, wenn man andererseits den anderen nicht unter Druck setzen will.

Nun könnte man sagen, dann kann man doch die Zeit, in der man sich nicht sieht, einfach mit anderen Partnern teilen, das ist doch in Polybeziehungen kein Problem. An dieser Stelle bin ich mir unsicher. Da hören meine eigenen Erfahrungen nämlich auf und ich habe über meine Bedürfnisse noch viel zu wenig Überblick, um hier irgendeine Entscheidung zu treffen.

Abgesehen davon, daß selbst eine Entscheidung noch lange keine Fakten erzeugen würde - über das Thema "Wenn ich nur wüßte, warum ich immer so lange Distanz halte" schreib ich vielleicht auch nochmal was.

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