Polyamant
Mittwoch, 26. Mai 2010
I'm not easy, so thank you for having me

Ich brauche generell sehr lang, um mit Frauen warm zu werden. Selbst wenn ich sehr (und ich meine sehr) interessiert bin, merkt man das wahrscheinlich längere Zeit gar nicht, weil ich ja auf gar keinen Fall aufdringlich wirken will.

In der Vergangenheit habe ich das zuweilen so gut hinbekommen, daß natürlich überhaupt nichts passiert ist. Zu meinem großen Glück sind die Frauen heutzutage ungeduldiger als früher. Dennoch tue ich mich schon immer und noch immer schwer damit, vorhandene Zuneigung oder überhaupt Interesse auch zu zeigen.

Andererseits musste ich vorher endlich mal aus dieser Monogamie-Ecke rauskommen. Das heißt jetzt nicht, daß ich großes Interesse daran habe, unbedingt viele Beziehungen zu haben - es geht vielmehr darum, diese strikte Fixierung auf eine Person abzulegen, in deren Verantwortung dann mein gesamtes Wohlergehen liegen soll, was natürlich schrecklich anstrengend ist - für mich und die Partnerin (und zu dieser Erkenntnis zu kommen brauchte ich dann doch fast 40 Jahre).

Ich war lange Zeit sehr monogam. Immerhin war ich 15 Jahre mit derselben Frau zusammen (die allerdings in dieser Zeit nicht immer monogam gewesen ist), das ist schon mal was. Ich glaube, ich habe viel gelernt und die Zeit war auch gut und viel mehr darin war richtig als verkehrt gelaufen. Aber ich erkenne im Nachhinein, daß da unglaublich viele Zwänge gewesen sind, die wir uns auferlegt haben und die an uns beiden gezerrt und gezwickt haben - und letztlich auch die Beziehung zerstörten.

Nach der Trennung war ich eine Weile lose mit einer Freundin zusammen, die weit weg wohnte. Das war das erste Mal, daß ich merkte, daß es auch gut sein kann, eine viel weniger enge Bindung einzugehen und doch eine gute und inspirierende Verbindung zu spüren. Damals war ich aber noch nicht wirklich bereit für etwas so Neues. Irgendwie löste sich das daher nach einer Weile von selbst wieder auf.

Danach hatte ich eine Art Rückfall. Eine Beziehung die - im Nachhinein betrachtet - völlig unmöglich zu halten war, da alles dagegen sprach. Viel zu weit weg, viel zu komplizierte Frau (ich muss wohl auch mal was dazu schreiben, warum mich die richtig "bösen" Frauen so sehr anziehen) und ich viel zu sehr darauf aus, "die richtige" in ihr zu finden - wie gesagt, im Nachhinein betrachtet völlig bescheuert. Die Klatsche brauchte ich dann aber wohl, denn sie hat mich doch zum Nachdenken gebracht und zum Umdenken, was wie eine kleine Befreiung war.

Eine Weile, nach der Trennung hatte ich einen One-Night-Stand mit einer sehr hübschen Frau aus meiner Theatergruppe. Da ging es mir tatsächlich nur um Sex: Ich wollte einfach wissen, wie es mit ihr ist und als ich es wußte war die Sache auch gelaufen. Sicher hätten wir uns noch öfter sehen können, aber sie war irgendwie auch ziemlich schräg und kompliziert in einem nicht so angenehmen Sinn, so daß ich doch recht froh war, daß das einfach bei der einen Nacht bleiben konnte (die allerdings sehr schön war).

Danach hatte ich beruflich echt viel zu reißen. Meine Chefin wollte mich rausmobben, was mir den willkommenen Anlass für eine berufliche Veränderung gab, der nächste Job fraß mich dann jedoch ein Jahr lang auf und mein Privatleben war nicht mehr vorhanden. das änderte sich, als ich nach Köln wechselte. Ich genoss es dann aber erst einmal fast 9 Monate lang, viel Zeit zu haben, wieder mit Menschen zusammenzutreffen, abends mit S. (die mich ein paar Monate aufgenommen hatte) zu quatschen, Wein zu trinken und Fernsehserien zu schauen. Bücher zu lesen. Auf Konzerte zu gehen. Alleine ausgedehnte Spaziergänge durch Düsseldorf und Köln zu machen. Also schlicht, meinen persönlichen Raum wieder zu entdecken und zu besetzen.

Dann traf ich E. und ich glaube, der Augenblick dafür war ideal. Ich fühlte mich zu der Zeit völlig frei und offen für so viel Neues wie nur irgend möglich: Also nicht nur neue sexuelle Erfahrungen, sondern auch
neue Sichtweisen und Lebenseinstellungen, neues Vertrauen in die Schönheit der Welt. Sie warf mich um in einem sehr guten Sinn, stieß mich über gleich mehrere Tellerränder. Und tut es immer noch weiter. Ich brauche zwar jedesmal wieder ein bisschen und muss mich anscheinend immer erstmal etwas zieren, aber ich lerne und staune und erfahre so viel über mich wie wohl in den letzten zehn Jahren zusammen nicht.

Ich bin ihr dafür so unendlich dankbar.

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Sonntag, 23. Mai 2010
Umlaufbahnen

(Ich führe ein paar Gedanken von hier weiter...)

Vielleicht hört sich das hier alles etwas nach rumjammern an, eigentlich ist das aber nicht so. Ich überlege nur gerne laut, vieles was ich aufschreibe sind für mich einfach nur Feststellungen, über sehr wenig davon ärgere oder gräme ich mich. Über manche Dinge wundere ich mich, wenn ich sie erst mal aufgeschrieben habe und lese und dann merke, wie klar ich mir doch eigentlich über vieles bin, was mich im ersten Moment vielleicht verwirrt oder gestört hat.

Ich setze mich anscheinend ganz gerne auf einen Beobachterposten, weniger mit Absicht, es scheint mir nur Leicht zu fallen. Die Probleme, die das verursacht hab ich ja schon mal aufgezählt. Aber es gibt natürlich auch Vorteile, wie zum Beispiel daß ich dadurch sehr gut vermeiden kann anderen zur Last zu fallen - was mir wirklich schnell passieren kann, wenn ich den Abstand vergesse, so wie letztens.

Auch die unterschiedliche Geschwindigkeit, mit der ich in emotionale Situationen gehe ist für mich ein Vorteil. Ich bin ja recht unsicher, inwieweit ich gerade irgendwie störe oder nerve. Gerade wenn viel Öffentlichkeit um mich herum stattfindet stelle ich mich lieber irgendwohin aus dem Weg und bleibe da auch recht lange. Nicht unbedingt weil ich das gerne tue, sondern weil sie zunächst mal sicher ist. Von da aus kann ich versuchen, die Situation zu überschauen und meine Rolle darin zu suchen. Die anderen scheinen zu wissen, wie man sich verhält, ich weiß es nicht und verhalte mich daher neutral, versuche herauszufinden, was angebracht ist und wenns gut läuft groove ich mich sogar irgendwann ein. Wenns nicht so gut läuft komm ich nicht so weit damit und bleibe in der Umlaufbahn.

Das scheint - wie ich inzwischen auch schon festgestellt habe - allerdings gerne mal andere zu verwirren, die das zuweilen als Ablehnung oder Unwohlsein interpretieren. Auf der Party letztens hab ich mich zum Beispiel einigermaßen wohl gefühlt, die Leute mit denen ich dort war glauben allerdings das Gegenteil, weil ich dabei keinen ausgelassenen Eindruck machte sondern abwesend oder gar abweisend wirkte. Das geht dann so weit, daß man mir meine eigene Erklärung und Wahrnehmung nicht glaubt. Ich kenne diesen Effekt schon lange - ist ja nicht die erste Party gewesen - es führt wohl leider auch dazu, daß man vermeidet, mich zu sowas einzuladen. Nicht mal bewusst, glaube ich, sondern weil man beim Nachdenken, wen man fragt einfach an die Leute denkt, von denen man glaubt, daß die da Spaß haben könnten. Und da tauche ich dann einfach nicht mehr auf.

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Donnerstag, 20. Mai 2010
Im höfischen Leben

Hörte ich ein Raunen, als ich auf die Bühne trat? Was sollte ich jetzt spielen? Ich fragte nach einem Sinn. Die Leute sahen mich belämmert an.

Das darf mir heute nicht passieren, denke ich bei mir und gab dem Orchester das vereinbarte Zeichen. Der Paukenschlag weckte die ersten Zuschauer, der Trompeteneinsatz entlud sich auf die restlichen.

Oje, denke ich, und besänfige die Massen mit Karamelbonbons. Ich forsche nach dem Souffleur, aber da ist keiner. Also ist es bloß ein Traum, freue ich mich. Und ich beginne, das Publikum auszulachen, es lachte mit, aus Unwissenheit wohl, was mich noch fröhlicher macht. Ich hüpfe närrisch ins Parkett und töte den Gemahl der Gräfin. Alle sind begeistert und applaudieren, der Graf glotzt nur blöde vor sich hin, hat er doch mit sowas nicht gerechnet.

Dann rufe ich mich zum König aus, danke ab und der Staat geht prompt vor die Hunde, ohne König.

Siehst du, sag ich zu meinem Bilde, so ist das, bei Hofe.

10. November 1988

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Dienstag, 18. Mai 2010
Wenn ich nicht achtgebe

nerve ich Menschen, weil ich sie niederquassele. Wenn ich nicht achtgebe, merke ich nicht daß ich Grenzen überschreite. Wenn ich nicht achtgebe, argern sich die, die ich liebe über mich, weil ich ihnen peinlich bin.

Daher versuche ich, mich ständig so gut wie möglich selbst zu beobachten. Nur wenn es mir längere Zeit besonders gut geht werde ich nachlässig und vergesse es. Die letzten Tage ging es mir so gut wie schon lange nicht mehr. Und daher hab ich den Abstand vergessen, der mich davor bewahrt, unachtsam zu sein.

Ich muss den Abstand wieder einrenken. Es ist gut, wenn man mir Bescheid sagt, denn ich hoffe, daß ich besser werde. Ich würde auch gerne die Zeit zurückdrehen, den Schaden ungeschehen machen. Es ist mir unangenehm. Das letzte das ich will ist es, Menschen auf den Wecker zu gehen. Ich werde daher noch vorsichtiger sein. Versuchen, erst rauszuhören, ob ich gemocht oder nur gelitten werde, bevor ich den Mund aufmache. Nicht aus Versehen stören. Mich nicht einmischen sondern so lange raushalten, bis ich sicher sein kann, daß es ok ist, wenn ich auch was sage. Ich muss wieder mehr achtgeben.

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Montag, 17. Mai 2010

Ob es eventuell einen leicht seltsamen Eindruck vermittelt hat, als ich F. für ihren Besuch bei mir vorgewarnt habe, dass wir uns auf jeden Fall den Eurovisions Song Contest ansehen müssen? Und dabei live mittwittern?

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klingt jetzt doch eher
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Zeit Ich fühle mich alt.
Das war zwar schon öfter mal so, vor allem nach...
by jensscholz (12.05.13, 22:07)

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