Polyamant
Dienstag, 23. Februar 2010
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Ich mache mir einige Gedanken darüber, was ich hier schreibe und warum. Das Warum ist schnell beantwortet: Ich kann dabei gut nachdenken. Ich weiß wenn ich zu tippen anfange noch nicht, wohin die Reise gehen wird. Aber oft genug führt mich das Aneinanderreihen von Gedanken zu kleinen Erkenntnissen, für die ich mich vielleicht ansonsten schwer getan hätte. Ich war lange Zeit alleine, in dieser Zeit hat sich das wohl entwickelt.

Die andere Sache ist das, was ich manchen Menschen nur schwer und einigen gar nicht begreiflich machen kann: Das öffentliche Schreiben. Warum ich das mache hat ebenfalls einen historischen Grund. Ich mache das seit über 10 Jahren, seit neuneinhalb in Blogs und ich brauche das wie Luft zum Atmen. Ich liebe es und es inspiriert mich. Es ist ähnlich wie Klavier spielen. Ich spiele gerne mal für mich, aber wirklich gut und erfüllend ist es nur, wenn ich für andere spielen kann und dabei authentisch und ehrlich sein darf.

Ich befolge dabei - wie beim Klavierspielen auch - Regeln, die für die Harmonie wichtig sind: Ich versuche beim Schreiben so unspezifisch zu sein was andere Menschen angeht und so ehrlich wie möglich, was mich angeht. Ich habe gelernt, in zu emotionalen Situationen nicht zu schreiben, also wenn ich völlig aufgewühlt oder sauer oder traurig bin und glaube, daß ich nach 10 Jahren auch ganz gut abschätzen kann, was ich mir zutrauen kann, öffentlich über mich bekannt zu machen.

Ich bewege mich in dieser Internet und Blogwelt sehr sicher und kann mir auch gut Regeln aufstellen, an die ich mich halte. Ich schreibe z.B. in mein "offizielles" Blog nichts wirklich persönliches mehr, da das inzwischen für solche Themen zu bekannt ist. Dieses Blog hier hat dagegen bisher drei Besucher am Tag und ich genieße den intimeren Rahmen gerade sehr. Ich werde es nirgends prominent verlinken oder sonstwie bekannt geben (und ich kann es auch sofort abschalten falls nötig und wenn es mal blöde Kommentare gibt, lösche ich sie sofort oder schalte die Kommentare ab. Damit kann ich umgehen, das mache ich - wie gesagt - seit Jahren).

Aber wie so oft gibt es auch immer wieder neues zu lernen und zu integrieren: Ich muss für das Thema, über das ich hier schreibe, natürlich viel mehr Acht geben auf andere Menschen, denn ich schreibe nicht nur über mich, ich schreibe zum ersten Mal bewusst über Beziehungen und ich schreibe dadurch nicht in luftleerem Raum so wie ich nicht mehr in luftleerem Raum lebe. Ich möchte daher dafür Sorge tragen, daß man mir da vertrauen kann: Es wird hier keine Enthüllungen geben. Keine Skandale und keine Kontroversen. Ich trage keine Konflikte öffentlich aus und die einzige bekannte Identität hier ist und bleibt meine eigene.

Aber ich kann einfach nicht nicht schreiben.
Es gehört zu mir und ich liebe es.

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Sonntag, 21. Februar 2010
Wir wollten Orgien...

Kurz:
Die Party gestern in der Essigfabrik war insgesamt sehr schön und ich hab sie zum größten Teil der Zeit sehr genossen, was aber weniger am Ambiente sondern vor allem an den großartigen Menschen lag, die da waren und mit denen ich da war.

Lang:
Daß ich mich wohlfühlte, lag nicht wirklich an der Party selbst: Der DJ kam leider nie recht in den Fluss und vergriff sich schrecklich oft. Er vergaß oder wusste gar nicht erst, womit er die Leute auf die Tanzfläche bekommen hätte (FgtH, Queen,...) und man musste sich auch erst an das nicht vorhandene und phantasielose Ambiente der Location (die einzigen bunteren Lichtquellen schienen die Bierwerbung hinter den Bars zu sein, Süßkram in Plastikfolie statt z.B. Obst zu verteilen halte ich auch nicht für Sinnlich) gewöhnen.

Die erste Enttäuschung über die laue Atmosphäre kann aber gerne an meinen überzogenen Erwartungen gelegen haben: Ich hatte als eine schöne Einstimmung für unsere "Reisegruppe" das Abendessen vorbereitet, das meinen Vorstellungen zur angekündigten Tanzparty entsprach, deren Claim "Wir wollen Orgien" ist: Es gab Lachsschnittchen, Kaviarhäppchen, edle Salami, Käse und Serranoschinken, ich hab Avocadodip und Blätterteigteilchen gemacht und Brote mit lecker Pastete und Preiselbeeren. Ich dachte, es würde eine sinnlichere und verspieltere Umgebung geschaffen - stattdessen wurde einfach nur alles dunkel abgehängt und ein Beamer strahlte schwarzweiß-Fetischbilder in eine Ecke. Da war somit erst ein mal ein gewisses Gefälle zu überbrücken, aber da ich fest entschlossen war, mich zu amüsieren, war nach einer knappen Stunde doch alles ganz gut im Lot.

Warum mir der Abend nämlich dennoch gefallen hat waren die Menschen dort. Einerseits natürlich die, mit denen ich dort war, aber auch die anderen Besucher der Party. Es gab großartige, phantasievolle Kleidung (und nicht-Kleidung) zu sehen und den unbedingten Willen zu spüren, es schön zu haben. Der DJ hatte von daher Glück, daß die Menschen unbedingt tanzen _wollten_ und es schafften, die gute Stimmung zu halten, auch wenn er z.B. die Gipsy Kings quer in den Salsa-Part haute oder mit Katie Perry die Tänzer von der Bühne jagte, die gerade noch auf die englischen Schwulenhits der 80er abhotteten.

Ich selbst bin ja nicht der Tänzer, aber ich fand es sehr schön, von dem etwas erhöhten Balkon aus, an dem wir uns eingerichtet hatten, die Tanzfläche zu beobachten, dabei meinen Gin Tonic zu trinken und mal so ein bisschen cool zu sein. Ich wußte gar nicht, daß ich es so genießen kann, von anderen angehimmelt zu werden.

Die anderen waren sicher wesentlich ausgelassener als ich und ich hoffe, sie glauben deswegen nicht, daß es mir nicht gefallen hätte. Ich freute mich, meinen Freunden und Freundinnen beim Tanzen zuzusehen und genoss ihre Ausgelassenheit. Ich sammelte viele schöne Bilder und Situationen, ich teilte auch Berührungen und Küsse, aber konnte da leider nicht so richtig die Umgebung abschalten. Was aber vielleicht auch nicht so verwunderlich ist, weil es das erste Mal war, daß ich auf so einer Party gewesen bin. Ich denke, das wird auf der nächsten schon anders sein...

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Donnerstag, 18. Februar 2010
Wenn's sticht

Okay, dann geht es im ersten Eintrag hier eben gleich um das schwierigste Thema. Das mit dem Sex. Genauer: Dem Sex nicht mit mir.

Und vielleicht vorab: Ja, hier im Blog geht es um eine Poly-Beziehung. Genauer gesagt, meine Beziehung in einer Polyumgebung. Ich selbst habe da weder theoretisch viel Ahnung noch längere Erfahrung und so gesehen nicht einmal eine gefestigte Meinung. Das wird hier also kein how-to-happily-live-polyamorous Blog, sondern ich notiere meine Gedanken und Selbstbeobachtungen, die selbstverständlich völlig subjektiv sind.

Zurück zum Thema: Wie fühlt es sich an, in einer Beziehung zu sein, in der Sex nicht exklusiv ist?

Leider bin ich jemand, der sich zu allem was ihn durcheinander bringt unstoppbar viele Gedanken macht, die mir den Kopf schwummrig machen und Panikgefühle auslösen. Außerdem bin ich jemand, der Sex in seiner Bandbreite vom intimen, ergreifenden und verbindenden Erlebnis bis zur einfachen entspannenden Freizeitbeschäftigung eher im ersten drittel dieser Skala verortet. Die anderen zwei Drittel bringen mich dagegen durcheinander. Diese Kombination ist - wenn man mit jemanden zusammen ist, für die diese Polysache etwas ganz selbstverständliches ist - zuweilen schwierig. Nämlich immer dann, wenn das Gespräch darüber, wie der Besuch bei jemandem denn so war einen Satz wie "Ach Du willst wissen, ob wir Sex hatten? Ja, hatten wir." endet.

Mir reicht diese Information erst einmal aus. Genaueres will ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, weil für mich dieser Umstand alleine erst mal ein verdammt großer Brocken ist. Den muss ich erst mal schlucken, der muss sich erst mal setzen. Den muss ich erst mal zumindest anverdauen.

Ich überlege dann, warum mich das so trifft und die Antworten sind von einem rein intellektuellen Standpunkt aus eigentlich beruhigend: Da ist Besitzdenken, das ich ohnehin nicht haben möchte; da sind Verlassensängste, die ich ja nach über 2 Jahren nicht mehr haben muss; da ist Neid auf jemanden, der Zeit mit ihr verbringen kann - was vielleicht weniger schlimm wäre, wäre es nicht sowieso schon schwer genug, gemeinsame Zeit freizuschaufeln.

Dennoch bin ich beunruhigt. Die Emotionen sind andere. Es ist ein Gefühl des zerrissen werdens, wenn Sie das sagt. Fast laut hörbar, wie ein Klettverschluss, der auseinandergezogen wird. Er wird wieder zusammenkommen, das weiß ich inzwischen. Aber erst einmal hilft mir das nicht viel. Ich setze mich, ich muss Musik laut machen. Ich muss abwarten, bis das Rauschen in den Ohren wieder abebbt. Dann mach ich mit Tagesgeschäft weiter. Arbeiten oder was kochen.

Etwas später dann kann ich sogar ganz normal darüber reden wie über einen schönen Museumsbesuch oder wie es so auf ner Party war - und auch dann bleibe ich vorsichtig, um sofort abbrechen zu können, falls es doch noch zu viele Informationen werden. Heute bin ich definitiv noch nicht an dieser Stelle. Ich hab auch noch ein neues Problem: Bisher kannte ich die jeweils anderen nicht, sie aber schon. Diesmal kenne ich ihn aber schon länger und ich bemerke, daß mich das verunsichert. Nicht mit ihr, sondern mit ihm. Er wußte, daß ich mit ihr zusammen bin und soweit ich die Polyregeln verstanden habe bisher, ist es immer wichtig, Respekt zu haben. Hat er? Will ich ihn überhaupt?

Ich bemerke, daß ich sehr gut zurecht komme mit den Freunden und Partnern, die es vor mir auch schon gab. Das gehört zu einer klar gesetzten Situation, die find ich auch nicht kompliziert. Aber was wird nun hier? Sie sagt, es war just for fun, aber wie kann sie das wissen? Das sagte sie auch bei F der gehört aber inzwischen zur Familie. Was auch ok ist, ich mag ihn inzwischen gut leiden.

Das Problem ist - so wird es immer offensichtlicher - die Bandbreite.

Die Frage, die sich mir hier also anscheinend stellt ist, ob ich die für mich auch vergrößern muss. Muss ich? Will ich überhaupt?

Darüber sollte ich heute wohl nicht mehr nachdenken...

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Donnerstag, 10. Dezember 2009
Fremdeln 2

Ich kreise noch. Ein, meine ich. Ich habe schon ein bis zwei konkrete Themen, denn ich war am letzten Wochenende auf einem Tantra-Workshop und da kann ich schon etwas erzählen. Nicht so sehr viel inhaltlich, aber schon darüber, was mir dabei passiert ist.

Allerdings stünde das dann erst mal lange hier alleine rum, denn mit ein zwei konkreten Themen kann man noch kein Blog führen. Das soll sich ja bewegen und leben und dazu brauchts einen Fluss. Den hab ich aber immer noch nicht.

Daher gibts auch diesmal einen Link:
Mein Herz soll kein Glassarg sein...

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Dienstag, 1. Dezember 2009
Fremdeln

Ich warte seit Wochen auf eine gute Gelegenheit, um anzufangen, hier zu schreiben. Ich möchte persönlichere Dinge hier unterbringen, daher die Zurückhaltung und das Abwägen und die Unsicherheit...

Ich brauche aber wohl noch etwas länger. Der Titel da oben ist ja nicht ganz so zufällig gewählt. Es soll um Erfahrungen gehen, die ich in Gebieten des Lebens machte und mache, die zu beschreiben mir nicht ganz so einfach fallen wie Politik oder Internet oder die die sonstigen Dinge, über die ich seit acht Jahren so blogge. Die aber eigentlich ein wesentlich größerer und wichtigerer Teil meines Lebens sind.

Derweil daher wenigstens ein Link zu einer schönen Geschichte.

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