Polyamant
Montag, 17. Januar 2011
Und dann

Ich begann grade zu rutschen.

Und dann klingelt es an der Tür und es war nicht - wie ich eigentlich dachte - die Müllabfuhr.

Sie nahm mich in den Arm, küsste mich und alles wurde gut. Der Magen entspannte. Die Zweifel verbrannten zu Staub. Die Ängste versanken in die Tiefen, in denen sie gut aufgehoben sind.

Es geht mir gut. Ich brauchte sie und sie stand vor der Tür. Sie konnte das, was ich gerade erst geschrieben hatte noch nicht gelesen haben - ich habe gerade erst auf "Speichern" geklickt, als es klingelte.

Ich lebe in einer magischen Welt. Mir tun die Menschen leid, die das nicht haben. Ich könnte nicht anders leben - die kurzen Momente, in denen ich auch nur befürchte, die Welt könnte am Ende doch nur dieser rationale, mechanische, lieblose Ort sein sind beängstigend und beklemmend genug.

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Heute

ist es schlimm. Der Magen ist flau, die Zweifel sind groß. Die Ängste treiben ganz nah unter der Oberfläche. Was ich brauche ist nicht erreichbar. Was ich wünsche ist nicht erfüllbar.

Das dauert nicht lange, sagt meine Erfahrung.
Das ist mir egal, sagt mein Herz.

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Samstag, 15. Januar 2011
Zeit

Wie töricht sind die Menschen, die glauben, dass die Liebe die Frucht eines langen Zusammenseins ist und aus ständiger Gemeinsamkeit hervorgeht. Die Liebe ist vielmehr eine Tochter des geistigen Einverständnisses, und wenn dieses Einverständnis nicht in einem einzigen Augenblick entsteht, so wird es weder in Jahren noch in Jahrhunderten entstehen.
- Khalil Gibran

Es gibt jede Menge kluger und durchaus richtiger Sprüche und Zitate darüber, wie eine Liebe entsteht. Dabei ist es eigentlich gar nicht so wichtig, sich so intensiv damit zu beschäftigen, denn wenn man sich verliebt, passiert ja ohnehin oft einfach so. Man ahnt früh, man weiss schnell. Man braucht später nie lange überlegen, wann und wie der Zeitpunkt stattfand, an dem man sich verliebte.

Viel wichtiger - finde ich - ist es, mit der Zeit umzugehen. Da habe ich inzwischen unterschiedliche Ansichten kennengelernt. Zum Beispiel die, dass man zu Beginn total verknallt ist, dieses Gefühl dann aber nach und nach abflaut bis nichts mehr davon da ist und dann geht man wieder auseinander. Man kann das zwischendurch zwar wieder ein wenig anfachen, aber letztendlich sei es ein Zerfall, der nicht aufzuhalten ist.

Eine andere Sicht ist die, dass man ein gemeinsames Idealbild einer Liebesbeziehung entwickelt und sich ständig darum zu bemühen hat, dem gerecht zu sein. Solange das gelingt bleibt die Liebe bestehen oder wird größer oder verändert sich mit der Zeit.

Eine dritte ist die, dass die Verliebtheit einer Art Pragmatismus weicht. Die Partnerschaft wird vor allem von Respekt, von Verständnis, von gemeinsamen Ideen und Vorhaben geprägt und man hat eine Art Teamwork-Leben, in dem alles einfacher und schöner ist, weil man nicht allein ist und sich ergänzen kann.

Meine eigene Sicht ist mehr die, dass sich Zeit zu nehmen und zu lassen eine gute Sache für die Liebe ist, weil man in Ruhe den anderen kennen lernen kann. Es gibt in meiner Sicht der Dinge keine Eile, nichts läuft einem davon. Man kann alles machen was man möchte und wenn nicht sofort, dann später, zu einem Zeitpunkt, an dem man sich mehr traut und zutraut. Das Problem mit dieser Sicht ist nur - das ist zumindest meine Erfahrung - dass die Annahme sehr verbreitet ist, dass Zeit etwas schlechtes ist. Etwas zersetzendes. Etwas, das lähmt, das erodiert und in der die Liebe langsam aber sicher versickert.

Ich finde das Schade. Zeit ist für mich etwas beruhigendes. Etwas, das heilt. Etwas, das benötigt wird, damit Dinge in Ruhe wachsen können. Wie schön ist es, wenn man nach einer spürbaren Zeit zurückblickt und bemerkt, wie viel Schönes man gemeinsam erlebt hat? Das Gefühl einer wirklich erfüllenden Liebe kann man nicht in 2 Wochen oder drei Monaten haben. Wenn man aber mal auf einem Fundament von ein paar Jahren steht spürt man die Festigkeit, die wunderbare Wärme und die erstaunliche Größe dessen, was man gemeinsam hat. Das ist, was ich unter echter Liebe verstehe.

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Donnerstag, 9. Dezember 2010
Eine Frage

Über Formspring kam eine Frage, die ich etwas ausführlicher beantwortete als sonst:

Würdest Du den Poly-Lifestyle empfehlen? Was ist das Beste, was das Schlechteste daran?

Zunächst mal ist der Begriff "Poly-Lifestyle" ungefähr so schwammig wie "Monogamie-Lifestyle", weil allein der Umstand, dass man sich auf die Anzahl der Menschen, die man liebt, nicht auf die Anzahl "Eins" einschränkt noch überhaupt nichts über die Qualität oder Intensität, über Moralvorstellungen, soziale Kompetenz, Weltanschauung und sonstige Komponenten aussagt, die Beziehungen ausmachen.

Ich gehe aber für die Beantwortung dieser Fragen davon aus, dass es Dir, lieber anonymer Fragesteller, um "meinen" Poly-Lifestyle geht und daher empfehle ich den Poly-Lifestyle... nicht. Es gibt keine generell "empfehlenswerte" Art und Weise, Beziehungen zu führen und zu pflegen außer, dass sie sich mit deiner Persönlichkeit, deinen Vorstellungen und letztlich auch deinen eigenen Möglichkeiten - und denen des Partners - im Einklang befinden sollte.

Zu mir persönlich passt "mein" Poly-Lifestyle und ich empfehle zumindest mir, ihn weiterzuleben. Abgesehen davon, dass ich mich damit sehr wohl fühle und das allein schon ein sehr guter Grund ist habe ich ganz konkrete Vorteile für mein Leben entdeckt. Zum Beispiel, weil ich gelernt habe, wie wirklich wenig hilfreich und wie einschränkend und giftig Besitzdenken für eine gute Beziehung ist. Oder weil ich die Ehrlichkeit genieße, die mir entgegengebracht wird und von mir verlangt wird. Oder weil die Offenheit eine echte Loyalität erzeugt statt einer künstlichen Verpflichtung dazu. Mir sind in den letzten Jahren viele im Rückblick total seltsame Ängste genommen worden und ich will sie auf gar keinen Fall zurück.

Das Beste daran ist die Ehrlichkeit und Offenheit, die mit dieser Lebensweise einzieht und die in vielen "klassischen" Beziehungen oft fehlt. Es gibt keinen Grund zu schummeln, Heimlichkeiten zu haben oder Wünsche zu unterdrücken. Dadurch, dass man immer offen und klar kommunizieren _muss_ erkennt man schnell, dass viele verkrampfte Situationen von früher einfach nur daran lagen, dass man in der Erfüllung irgendwelcher Konventionen unehrlich oder eifersüchtig war.

Das Schlechteste daran sind die Momente, in denen man sich am liebsten zerreißen würde, weil man eigentlich gerade für jeden Partner da sein will. Dann muss man reden, aushandeln, verstehen und Verständnis suchen. Man findet immer eine gute Lösung, aber im Hinterkopf bleibt die Sehnsucht nach Perfektion und das Wissen, dass ein Kompromiss nicht schön ist.

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Dienstag, 30. November 2010
Zu wünschen


(Quelle)

Ich trau mich nie so recht, mir einfach mal was zu wünschen. Das geht mir so bei ganz normalen Gefallen, bei denen mir einfach gar nicht einfällt, mal jemanden zu fragen über sexuelle Fantasien bis zu den wirklich großen Lebensplänen.

bei ersterem werde ich besser. Früher hab ich nie gefragt und auch unangefragte Hilfe nie angenommen, weil ich sofort ein schlechtes Gewissen hatte, weil der andere sich ja wegen mir in Umstände stürzen musste und daran wollte ich nicht Schuld sein. Dass das sich irgendwie überhaupt nicht damit vertrug, dass ich selbst total gerne anderen helfe und auch für mich viel lerne und Erfolgserlebnisse bekomme hab ich aber dann doch irgendwann kapiert. Seitdem geht es etwas leichter, auch mal zu fragen. Diese seltsame Angst davor, dass der andere ablehnt ist aber immer noch jedesmal dabei.

Was meine sexuellen Wünsche angeht bin ich noch nicht so weit. Ja, ich habe in den letzten drei, vier Jahren viel ausprobiert und herausfinden können, was mir gefällt und was nicht. aber der Weg dorthin ist jedesmal etwas holprig. Gründe gibt es viele: Weil ich die Grenzen der Partnerin nicht übertreten möchte, weil ich nicht weiß, ob ich wirklich so egoistisch sein möchte, weil ich mich nicht lächerlich machen will, weil ich niemanden verletzten möchte, und so weiter und so fort.

In Wirklichkeit sind aber noch irrsinnig viele Themen offen. Das ganze Feld um mehr als zwei Personen zum Beispiel. Wie ist es, mit zwei Frauen zu schlafen? Wie mit vielen Menschen, die man gern hat zusammen eine Nacht zu verbringen? Oder die Bandbreite der Kinks: Ich bin kein klassischer SM-Typ und finde vor allem die ganze Psychoschiene eher langweilig bis abtörnend. Aber ich mag Elemente daraus als Spiel: Fesseln, halten, die Grenze zwischen Lust und Schmerz finden und ausloten. Ich finde auch viele dieser Fetisch-Klamotten antörnend und würde mir gerne wünschen, dass sie sich mal Lack oder Latexsachen anzieht, ich würde gerne Fotos machen oder filmen, was mir daran gefällt...

Allein, ich bin so geprägt, dass solche "Praktiken" oder erotische Outfits dazu da sind, um Frauen zu "reduzieren" und zu (Sex-)Objekten machen. Ich weiß zwar inzwischen, dass das so nicht stimmt - schon von daher, weil sich bei mir selbst mein Gefühle für eine Frau nicht entsprechend ändern, selbst wenn eine Frau sich für mich Strapse und schöne Strümpfe anzieht - aber es ist das, was mich hemmt, Wünsche danach offen auszusprechen.

Das mit den Lebensplänen dann ist völlig unmöglich. Da springen mir gleich mehrere Alter Egos in den Weg: Ich traue mir oft zu wenig zu, weil ich zu oft gar nicht weiß, wie gut ich irgendwas überhaupt kann (oder gar daß das, was ich kann und nicht weiter erwähnenswert finde in Wahrheit schon richtig gut ist). Ein anderes Ich ist dieser Aspekt, der niemanden stören möchte und niemandem was wegnehmen will. Ein Dritter ist der, der es erst mal jedem anderen Recht machen möchte in der Annahme, erst dann auch auch die Erfüllung eines eigenen Wunsches verdient zu haben. Und dann gibt es den Perfektionismus, den Kontrollzwang, die generelle Faulheit und viele, viele weitere Neurosen und Komplexe, wegen derer kein Durchkommen ist.

Viele Wünsche haben damit zu tun, dass andere Menschen etwas für mich tun müssten, wo dann wieder das erstere Problem auftaucht. Andere Wünsche bringen andere vielleicht in moralische Schwierigkeiten, wie zum Beispiel diese Frau, die ich sehr mag und von der ich weiß das dies auf Gegenseitigkeit beruht, sie jedoch dafür ihren klaren und auch gut funktionierenden Lebensentwurf mit Partner und Kind verändern müsste.

Ich habe auch sehr viele Jahre gebraucht, um mich über meine beruflichen Ziele klar zu werden - zum Glück klappt es da aber inzwischen gut, nachdem ich mich irgendwann mal von einigen blöden Hemmungen gelöst habe. Aber ich gehe dem Entwurf einer echten Vision aus dem Weg, obwohl das etwas ist, was ich seit langem schmerzhaft vermisse und was mir - das weiß ich genau - wirklich einen riesigen Schub geben würde. Warum ich da meine Wünsche ignoriere? Angst vor der Veränderung? Selbstzweifel? Zu wenig Mut? Ich weiß es nicht. Aber es ist inzwischen an der Zeit, daran zu arbeiten und das zu ändern...

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