Polyamant
Familie

Ich komme aus einer Großfamilie. Beim siebzigjährigen Geburtstag meiner Oma waren 180 Gäste und das waren alles Verwandte. Wir sind rund 50 Cousins und Cousinen. Ich habe fast jede Ferien meine Kindheit in diesem großen Haus meiner Oma verbracht, in dem rund 20 Menschen wohnten. Mit meinem Bruder war ich 20 Jahre lang quasi ununterbrochen ständig zusammen.

Andererseits bin ich heute viel alleine. Man könnte vermuten, dass mir das Schwierigkeiten macht, aber das tut es wahrscheinlich viel seltener als anderen Menschen. Vielleicht ist das so, weil ich als Kind alleine sein als luxuriöse Out-Time erlebt habe und nicht als hilflose Einsamkeit. Denn ich war nie hilflos und wenn ich nicht allein sein wollte, musste ich es nie sein.

Mit 46 Jahren ist die Geborgenheit einer Großfamilie, die einem schmächtigen, "draußen" eher stillen, Schuljungen das Leben so unbemerkt aber nachhaltig erleichtert hat, nicht mehr so präsent. Aber das Grundvertrauen, dass man nicht alleine ist, das bleibt und es lässt sich erhalten. Indem man seine Familie selbst aufbaut.

Ich habe Freundinnen und Freunde, die ich als Familie ansehe. Wir haben eine so enge Verbindung, dass wir uns nicht ständig versichern müssen, noch da zu sein - was eventuell auch einseitig ist, aber das ändert nichts daran. Diese Selbstverständlichkeit ist wichtig. Selbst wenn man sich mal ein paar Jahre aus den Augen verliert, ändert das nichts am Status der Beziehung. Und das gilt nicht nur für die engen Beziehungen, ich betrachte meine ganzen Bloggerfreundinnen und Freunde als erweiterten Familienkreis, als ob sie auch Cousinen und Cousins sind.

Meine Familie ist immer noch riesig. Es sind nur nicht mehr alles Verwandte.

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Frühling

Plötzlich ist der Winter vorbei. Im Winter schlafe ich ein. Für Wochen. Anfangs ist es ok, sich ein bisschen ausgepowert fühlen kann auch ganz entspannend sein. Aber nach einer Weile wird alles schwerfällig und selbst die kleinste Betätigung wird mühselig und anstrengend.

Daher warte ich spätestens im Februar sehnsüchtig auf den Frühling. Und der lässt sich normalerweise immer noch einige Wochen Zeit. Diese Wochen sind dann die, in denen ich mich schrecklich fühle. Einsam, kalt, ohne Energie, lustlos. Letztes Jahr kam der Frühling gar nicht.

Aber diesmal ist alles gut: Der Winter war hell und nicht allzu kalt, so dass ich erst Ende Februar dachte, dass es jetzt wirklich reicht. Und dann kam direkt der Frühling. Mit Karacho. Ich war die ersten Märztage in Dublin und es schien die Sonne. Ich war danach in Berlin und es schien die Sonne. Und dann die letzten fünf Tage in Köln: 21 Grad, ich habe schon die ganze Woche die warme Winterjacke nicht mehr an, keinen Pulli, keine dicken Socken. Das macht mich leicht und der Kopf taut auf. Der ganze Körper taut auf.

Und ich möchte das mit den Menschen genießen, die ich lieb habe. Das ist das einzige, was nicht stimmt. Sie sind nicht hier. Ausgerechnet jetzt, wenn doch Frühling ist.

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Meine Vorstellung von einem perfekten Moment

Ich möchte am Meer sitzen, bei einer leichten Brise und etwa 25 Grad. Ich möchte mich von dem Geräusch der Wellen in Ruhe versetzen lassen, den Alltag, die Verpflichtungen, diese Unruhe (die mich ständig erfüllt auch wenn man mir das kaum ansieht) gleiten ab, und ich möchte die langsam sinkenden Sonne beobachten.

Dann kommen sie eine und einer nach dem anderen: Meine Freunde und Freundinnen, meine Geliebten, die Menschen die mir am nächsten sind.

Langsam setzen sie sich neben mich und schauen auch still auf das Meer. Erst eine, dann die nächste, dann ein anderer... im Abstand von drei, vier Minuten. So lange bis sie alle da sind. Sie lehnen sich an mich, an sich und verlieren sich im Meeresrauschen, weil kein Wort nötig ist.

Vielleicht geht ein kühles Bier oder ein Weißwein herum. Vielleicht ein Joint.

Wir legen die Arme umeinander und schauen aufs Meer.

Die Sonne geht unter.

Das wäre schön.

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Eine Frage

Über Formspring kam eine Frage, die ich etwas ausführlicher beantwortete als sonst:

Würdest Du den Poly-Lifestyle empfehlen? Was ist das Beste, was das Schlechteste daran?

Zunächst mal ist der Begriff "Poly-Lifestyle" ungefähr so schwammig wie "Monogamie-Lifestyle", weil allein der Umstand, dass man sich auf die Anzahl der Menschen, die man liebt, nicht auf die Anzahl "Eins" einschränkt noch überhaupt nichts über die Qualität oder Intensität, über Moralvorstellungen, soziale Kompetenz, Weltanschauung und sonstige Komponenten aussagt, die Beziehungen ausmachen.

Ich gehe aber für die Beantwortung dieser Fragen davon aus, dass es Dir, lieber anonymer Fragesteller, um "meinen" Poly-Lifestyle geht und daher empfehle ich den Poly-Lifestyle... nicht. Es gibt keine generell "empfehlenswerte" Art und Weise, Beziehungen zu führen und zu pflegen außer, dass sie sich mit deiner Persönlichkeit, deinen Vorstellungen und letztlich auch deinen eigenen Möglichkeiten - und denen des Partners - im Einklang befinden sollte.

Zu mir persönlich passt "mein" Poly-Lifestyle und ich empfehle zumindest mir, ihn weiterzuleben. Abgesehen davon, dass ich mich damit sehr wohl fühle und das allein schon ein sehr guter Grund ist habe ich ganz konkrete Vorteile für mein Leben entdeckt. Zum Beispiel, weil ich gelernt habe, wie wirklich wenig hilfreich und wie einschränkend und giftig Besitzdenken für eine gute Beziehung ist. Oder weil ich die Ehrlichkeit genieße, die mir entgegengebracht wird und von mir verlangt wird. Oder weil die Offenheit eine echte Loyalität erzeugt statt einer künstlichen Verpflichtung dazu. Mir sind in den letzten Jahren viele im Rückblick total seltsame Ängste genommen worden und ich will sie auf gar keinen Fall zurück.

Das Beste daran ist die Ehrlichkeit und Offenheit, die mit dieser Lebensweise einzieht und die in vielen "klassischen" Beziehungen oft fehlt. Es gibt keinen Grund zu schummeln, Heimlichkeiten zu haben oder Wünsche zu unterdrücken. Dadurch, dass man immer offen und klar kommunizieren _muss_ erkennt man schnell, dass viele verkrampfte Situationen von früher einfach nur daran lagen, dass man in der Erfüllung irgendwelcher Konventionen unehrlich oder eifersüchtig war.

Das Schlechteste daran sind die Momente, in denen man sich am liebsten zerreißen würde, weil man eigentlich gerade für jeden Partner da sein will. Dann muss man reden, aushandeln, verstehen und Verständnis suchen. Man findet immer eine gute Lösung, aber im Hinterkopf bleibt die Sehnsucht nach Perfektion und das Wissen, dass ein Kompromiss nicht schön ist.

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Vielleicht muss man auch einfach nur aufhören, alles in eine Kiste stopfen zu wollen

Wir nennen es jetzt nicht mehr irgendwie. Wenn man einem Zustand einen Namen gibt, wird er unflexibel, verhärtet, bildet eine Kruste und man muss am Ende doch wieder mit dem Hammer drangehen, wenn man sich plötzlich nicht mehr so bewegen kann wie man es möchte und wie es eigentlich gesund wäre.

Das funktioniert gut, und zwar dann, wenn man sich versteht, miteinander redet, aufeinander achtet. Das funktioniert sogar besser als etwas, was einen Namen hat, denn das verleitet dazu, dass man glaubt, sich auf feste Regeln verlassen zu können, die sich jedoch nicht aus dem ergeben, was man ganz konkret miteinander ausmacht, sondern was im Wörterbuch hinter dem Namen als Erklärung steht.

Eine feste Beziehung definiert eine bestimmte Menge Zeit füreinander. Wenn man aber genau dort mehr Raum benötigt?

Eine lockere Beziehung definiert einen bestimmten emotionalen Abstand, die eine gewisse Beliebigkeit, eine weniger ernsthafte Begegnung und Kommunikation suggeriert. Wenn man aber eine so starke Verbundenheit spürt, die dieser Vorgabe total widerspricht? Wenn man sich auch in kurzer Zeit über die intimsten Gefühle, Ängste Wünsche, Gedanken austauscht?

Eine Freundschaft, in der es auch Sex gibt, stellt den Sex dennoch an eine sehr niedrig priorisierte Stelle. Wenn der Sex aber ein unverzichtbarer, ein besonderer und wichtiger Teil der Beziehung ist?

Kisten sind ja manchmal ganz okay, sie stellen Konventionspakete zur Verfügung, die einem eine Weile eine gewisse Sicherheit geben. Aber wenn man sich irgendwann so gut kennt, dass man sich auch ohne Konventionen nicht verletzt, kann man besser und ehrlicher ohne sie leben und lieben. Soweit die Theorie. Ich bin aber gewillt, das mal auszuprobieren, denn ich halte das für einen richtig schönen Gedanken.

Also bleiben wir mal den Kisten fern, reden miteinander und definieren jeweils den Augenblick. Das fühlt sich seit inzwischen guten drei Wochen sehr gut an.

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Meine Vorstellung von einem perfekten
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Außen/Innen Das hier passiert mir
immer noch. Das kann man offenbar nicht ablegen. Man kann...
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Also zwischen uns liegen jetzt
zwar ein paar Jahre, aber ich kann das, was...
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klingt jetzt doch eher
koerperlich ;)aber okay, bei mir ist's der Ruecken
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Zeit Ich fühle mich alt.
Das war zwar schon öfter mal so, vor allem nach...
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