Polyamant |
Samstag, 15. Januar 2011
Zeit
jensscholz
16:04h
Wie töricht sind die Menschen, die glauben, dass die Liebe die Frucht eines langen Zusammenseins ist und aus ständiger Gemeinsamkeit hervorgeht. Die Liebe ist vielmehr eine Tochter des geistigen Einverständnisses, und wenn dieses Einverständnis nicht in einem einzigen Augenblick entsteht, so wird es weder in Jahren noch in Jahrhunderten entstehen. Es gibt jede Menge kluger und durchaus richtiger Sprüche und Zitate darüber, wie eine Liebe entsteht. Dabei ist es eigentlich gar nicht so wichtig, sich so intensiv damit zu beschäftigen, denn wenn man sich verliebt, passiert ja ohnehin oft einfach so. Man ahnt früh, man weiss schnell. Man braucht später nie lange überlegen, wann und wie der Zeitpunkt stattfand, an dem man sich verliebte. Viel wichtiger - finde ich - ist es, mit der Zeit umzugehen. Da habe ich inzwischen unterschiedliche Ansichten kennengelernt. Zum Beispiel die, dass man zu Beginn total verknallt ist, dieses Gefühl dann aber nach und nach abflaut bis nichts mehr davon da ist und dann geht man wieder auseinander. Man kann das zwischendurch zwar wieder ein wenig anfachen, aber letztendlich sei es ein Zerfall, der nicht aufzuhalten ist. Eine andere Sicht ist die, dass man ein gemeinsames Idealbild einer Liebesbeziehung entwickelt und sich ständig darum zu bemühen hat, dem gerecht zu sein. Solange das gelingt bleibt die Liebe bestehen oder wird größer oder verändert sich mit der Zeit. Eine dritte ist die, dass die Verliebtheit einer Art Pragmatismus weicht. Die Partnerschaft wird vor allem von Respekt, von Verständnis, von gemeinsamen Ideen und Vorhaben geprägt und man hat eine Art Teamwork-Leben, in dem alles einfacher und schöner ist, weil man nicht allein ist und sich ergänzen kann. Meine eigene Sicht ist mehr die, dass sich Zeit zu nehmen und zu lassen eine gute Sache für die Liebe ist, weil man in Ruhe den anderen kennen lernen kann. Es gibt in meiner Sicht der Dinge keine Eile, nichts läuft einem davon. Man kann alles machen was man möchte und wenn nicht sofort, dann später, zu einem Zeitpunkt, an dem man sich mehr traut und zutraut. Das Problem mit dieser Sicht ist nur - das ist zumindest meine Erfahrung - dass die Annahme sehr verbreitet ist, dass Zeit etwas schlechtes ist. Etwas zersetzendes. Etwas, das lähmt, das erodiert und in der die Liebe langsam aber sicher versickert. Ich finde das Schade. Zeit ist für mich etwas beruhigendes. Etwas, das heilt. Etwas, das benötigt wird, damit Dinge in Ruhe wachsen können. Wie schön ist es, wenn man nach einer spürbaren Zeit zurückblickt und bemerkt, wie viel Schönes man gemeinsam erlebt hat? Das Gefühl einer wirklich erfüllenden Liebe kann man nicht in 2 Wochen oder drei Monaten haben. Wenn man aber mal auf einem Fundament von ein paar Jahren steht spürt man die Festigkeit, die wunderbare Wärme und die erstaunliche Größe dessen, was man gemeinsam hat. Das ist, was ich unter echter Liebe verstehe. ... Comment |
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Last modified: 28.02.20, 09:21 Status
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