Polyamant
Samstag, 14. August 2010
Horizont

Geredet. Geklärt. An der Stelle angekommen, an der wir beginnen können, gemeinsam die Verbindungen zu lösen, die drei Jahre verknüpft war, aber seit längerem schon nicht mehr verbanden sondern einengten, bedrängten, die Luft nahmen. Weil wir uns verändert haben, aber nicht darauf achteten, dass wir eine Beziehung hatten, die für die ersten ein zwei Jahre zwar richtig konstruiert war, dann aber mit den Veränderungen nicht mehr schritt halten konnte und immer mehr zu einem Korsett wurde.

Nein, ich bin darüber nicht glücklich. Aber seit gestern abend bin ich erleichtert. Mein Tarot gab mir schon die richtigen Hinweise: Der Turm ist diese erstarrte Konstruktion, die nur noch zusammenbrechen konnte. Aus dem man nicht anders herauskommt als dadurch, dass der Blitz in ihn fährt und ihn zerstört. Was passieren muss, weil es die einzige Möglichkeit ist, um sich weiterbewegen zu können, einen Horizont zu sehen. Wir hatten uns darin häuslich eingerichtet. Das kann man eine Weile machen, aber wenn man sich weiterbewegen will, wird der Turm zum Verlies.

Also schlug sie ihn kaputt, den Turm. Sicherlich nicht so geschickt, aber wie sagte sie? "Ich kenne ganz viele Arten, etwas beginnen zu lassen, aber keine, etwas richtig zu beenden." - Bei mir ist es umgekehrt. Ich weiß besser, wie gutes Beenden geht. Wieder einmal ergänzen wir uns hervorragend.

Ich bin langsamer als sie. Daher hätte ich länger im Turm ausgehalten. Letztendlich aber kann ein Turm nur fallen. Anders kann es nichts neues geben. Das As der Kelche verspricht eine neue, eine unkanalisierte Inspiration: In der langen Liste dessen, was wir füreinander sind ist "Beziehungspartner" auch für mich die Rolle, die ich als erstes streichen würde, die ihren eigentlichen Sinn, wenn ich ehrlich bin, eigentlich schon lange verloren hat. Ich möchte viel lieber Freund, Schüler, Lehrer, und viele andere Dinge sein. Wir lösen also unsere Verbindung auf. Und verabschieden uns von den eingegangenen Verpflichtungen, die wir uns damit auferlegt hatten, aber nicht mehr einhalten können und wollen. Wir sind nun beide wieder frei, oder werden es sein. Mit allen Vorteilen - keine Verantwortung, keine Abhängigkeiten - und mit alles Nachteilen - keine Sicherheiten, kein weiterer gemeinsamer Weg. Ich muss mich daran gewöhnen, aber da ist ein Horizont, hinter dem es gut aussieht.

Es waren drei gute Jahre. Und wir sind uns nun auch sicher, dass wir sie gut beenden werden und uns - vielleicht auch erst dadurch - weiterhin, vielleicht sogar besser, in anderen Rollen begegnen können. Ich bin noch immer traurig darüber, aber so ist das eben: Der Turm schmerzt, auch wenn man weiß dass es keinen anderen Weg gibt, als ihn zu verlassen bevor er zusammenfällt. Es ist auch gut, einen neuen Horizont sehen zu können, aber ja, ich hätte ganz gut auch noch ein wenig darauf warten können.

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