Polyamant
Montag, 1. August 2011
Mein geheimes Versteck

Seit ich mich an meine Träume erinnern kann gibt es Phasen, in denen sich Themen wiederholten bis sie irgendwie abgearbeitet waren (Abi nochmal machen zum Beispiel) und es gibt andere Themen, die immer wieder auftauchen, sich aber hin und wieder erneuern.

Eines davon ist das von meinem geheimen Versteck. Als Kind - so zur ersten, zweiten Klasse - gab es in der Nähe unseres Hauses einen Platz mit einem großen Haufen Findlingen. Riesige Steine, die Höhlen und Verstecke in Massen boten und in denen wir den Tag verbrachten um darin herumklettern und Kartoffelfeuer zu machen. Darin gab es eine Höhle, die nur durch ein sehr kleines, gut verstecktes Loch zu erreichen war - dieses Loch war zusätzlich noch erst dann zu sehen, wenn man einen Absatz tiefer geklettert ist was dazu führte, dass diese Höhle kaum jemand kannte und noch dazu durch die Enge des Zugangs kaum jemand benutzen konnte (ich war damals sehr klein für mein Alter und rutschte dennoch gerade noch so durch die Öffnung).

Diese Höhle blieb in meinen Träumen noch Jahre, nachdem wir von dort weggezogen waren mein Versteck. Egal, ob ich im Traum verfolgt wurde oder ob eigentlich alles entspannt war und ich mich nur darüber freute, einen Rückzugsort zu haben, den kein anderer erreichen konnte.

Irgendwann änderte sich etwas: Ich hatte einen sehr komplizierten und meine Traumwelt stark neu definierenden Traum, in dem ein altes Haus sehr wichtig war. Es war riesig, mit verfallenen Teilen, war schon lange verlassen und hatte aber noch Zimmer und Kammern mit altem Gerümpel und einige Zimmer waren noch eingerichtet mit alten verstaubten Möbeln. Das alles änderte sich immer mal wieder - dasHaus war mal größer, mal kleiner, mal nicht so verfallen, mal eine komplette Ruine. Was aber wichtig war: Es gab darin wiederum einen Raum, der extrem schwer zu erreichen war. Man musste durch eine Falltür und ein sehr enges Loch in der Wand, zuweilen auch ein Rohr, um zu diesem kleinen Raum zu gelangen. Er war - wie schon die Höhle - eigentlich leer. Es ging nie darum, was sich darin befindet, sondern darum, dass ich dorthin konnte und wenn ich dort war absolut sicher war, dass es absolut niemandem möglich ist, mich dort zu finden.

Dieser Raum und sein Zugang war bis noch vor ein, zwei Jahren relativ gleich. Ich hatte auch schon länger eine recht klare Vorstellung davon, was dieser Raum bedeutet, wo er herkommt, wofür er gut ist. Er ist die Antwort auf den Wunsch, für kurze Zeit komplett für mich zu sein. Ich bin nie lange dort, aber fühlte mich immer wohl in meinem Versteck. Vielleicht hat es sich deswegen auch erst vor kurzem wieder verändert. Es ist jetzt moderner, sauberer, in einem modernen Haus. Es ist noch immer ein leerer kleiner Zwischenraum, der aber einen angenehmeren Zugang hat der nicht mehr so schwer zu durchqueren ist. Das ist nicht mehr nötig, da es einen intelligenteren Mechanismus gibt ihn zu öffnen und zu schließen und der es unnötig macht, so obskur und abgelegen zu sein wie die Varianten zuvor.

Ich achte im Traum immer noch gut darauf, dass mich niemand sieht, wenn ich mich verstecke, aber auch da habe ich weniger Anspannung und die Angst, dass jemand den Zugang entdecken könnte ist auch stark gesunken - ich weiß schon im Traum, dass ich mir dann einfach ein neues Versteck bauen werde, das dann eben noch sicherer und unauffindbarer werden würde.

Was ich mich all die Jahre allerdings frage ist, was tatsächlich passiert in der Zeit, in der ich in meinem Versteck sitze und dort vielleicht einfach gar nichts tue als für eine halbe Stunde die Ruhe und Gewissheit zu genießen, dass ich momentan für niemanden auffindbar bin.

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