Polyamant
Donnerstag, 18. Februar 2010
Wenn's sticht

Okay, dann geht es im ersten Eintrag hier eben gleich um das schwierigste Thema. Das mit dem Sex. Genauer: Dem Sex nicht mit mir.

Und vielleicht vorab: Ja, hier im Blog geht es um eine Poly-Beziehung. Genauer gesagt, meine Beziehung in einer Polyumgebung. Ich selbst habe da weder theoretisch viel Ahnung noch längere Erfahrung und so gesehen nicht einmal eine gefestigte Meinung. Das wird hier also kein how-to-happily-live-polyamorous Blog, sondern ich notiere meine Gedanken und Selbstbeobachtungen, die selbstverständlich völlig subjektiv sind.

Zurück zum Thema: Wie fühlt es sich an, in einer Beziehung zu sein, in der Sex nicht exklusiv ist?

Leider bin ich jemand, der sich zu allem was ihn durcheinander bringt unstoppbar viele Gedanken macht, die mir den Kopf schwummrig machen und Panikgefühle auslösen. Außerdem bin ich jemand, der Sex in seiner Bandbreite vom intimen, ergreifenden und verbindenden Erlebnis bis zur einfachen entspannenden Freizeitbeschäftigung eher im ersten drittel dieser Skala verortet. Die anderen zwei Drittel bringen mich dagegen durcheinander. Diese Kombination ist - wenn man mit jemanden zusammen ist, für die diese Polysache etwas ganz selbstverständliches ist - zuweilen schwierig. Nämlich immer dann, wenn das Gespräch darüber, wie der Besuch bei jemandem denn so war einen Satz wie "Ach Du willst wissen, ob wir Sex hatten? Ja, hatten wir." endet.

Mir reicht diese Information erst einmal aus. Genaueres will ich zu diesem Zeitpunkt noch nicht wissen, weil für mich dieser Umstand alleine erst mal ein verdammt großer Brocken ist. Den muss ich erst mal schlucken, der muss sich erst mal setzen. Den muss ich erst mal zumindest anverdauen.

Ich überlege dann, warum mich das so trifft und die Antworten sind von einem rein intellektuellen Standpunkt aus eigentlich beruhigend: Da ist Besitzdenken, das ich ohnehin nicht haben möchte; da sind Verlassensängste, die ich ja nach über 2 Jahren nicht mehr haben muss; da ist Neid auf jemanden, der Zeit mit ihr verbringen kann - was vielleicht weniger schlimm wäre, wäre es nicht sowieso schon schwer genug, gemeinsame Zeit freizuschaufeln.

Dennoch bin ich beunruhigt. Die Emotionen sind andere. Es ist ein Gefühl des zerrissen werdens, wenn Sie das sagt. Fast laut hörbar, wie ein Klettverschluss, der auseinandergezogen wird. Er wird wieder zusammenkommen, das weiß ich inzwischen. Aber erst einmal hilft mir das nicht viel. Ich setze mich, ich muss Musik laut machen. Ich muss abwarten, bis das Rauschen in den Ohren wieder abebbt. Dann mach ich mit Tagesgeschäft weiter. Arbeiten oder was kochen.

Etwas später dann kann ich sogar ganz normal darüber reden wie über einen schönen Museumsbesuch oder wie es so auf ner Party war - und auch dann bleibe ich vorsichtig, um sofort abbrechen zu können, falls es doch noch zu viele Informationen werden. Heute bin ich definitiv noch nicht an dieser Stelle. Ich hab auch noch ein neues Problem: Bisher kannte ich die jeweils anderen nicht, sie aber schon. Diesmal kenne ich ihn aber schon länger und ich bemerke, daß mich das verunsichert. Nicht mit ihr, sondern mit ihm. Er wußte, daß ich mit ihr zusammen bin und soweit ich die Polyregeln verstanden habe bisher, ist es immer wichtig, Respekt zu haben. Hat er? Will ich ihn überhaupt?

Ich bemerke, daß ich sehr gut zurecht komme mit den Freunden und Partnern, die es vor mir auch schon gab. Das gehört zu einer klar gesetzten Situation, die find ich auch nicht kompliziert. Aber was wird nun hier? Sie sagt, es war just for fun, aber wie kann sie das wissen? Das sagte sie auch bei F der gehört aber inzwischen zur Familie. Was auch ok ist, ich mag ihn inzwischen gut leiden.

Das Problem ist - so wird es immer offensichtlicher - die Bandbreite.

Die Frage, die sich mir hier also anscheinend stellt ist, ob ich die für mich auch vergrößern muss. Muss ich? Will ich überhaupt?

Darüber sollte ich heute wohl nicht mehr nachdenken...

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