Polyamant
Dienstag, 15. August 2017
Immer dieselbe Frage

"Wie kann man denn Liebe auf mehrere Menschen aufteilen?"

"Wenn Du das zweite Kind bekommst, gehst Du dann davon aus, dass Du plötzlich das erste nur noch halb so lieb haben wirst?"

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Dienstag, 2. Mai 2017
One year of living dangerously

Ich lese und spreche gerade viel über Trauma. An verschiedenen Stellen: Frauke beschäftigt sich gerade beruflich für ihre Ausbildung damit, mit meiner Kusine bin ich Anfang April ein Familientrauma angegangen, das mit unserem Großvater zu tun hat, dessen Entscheidungen anscheinend einige echt schwerwiegende Muster ausgelöst haben - und dabei haben wir festgestellt, dass gar nicht er der Täter in der Geschichte ist, sondern alle anderen. Aber das ist eine andere Geschichte.

Jedenfalls: Ich habe ja hier schon ein wenig darüber geschrieben, dass das Jahr 2015 in gewisser Weise eine Zäsur war. Erst wünsche ich mir Veränderung, dann verändert sich alles um mich herum, so dass ich mich um alles andere kümmern musste. Und dann musste ich mich auch noch um mich selbst kümmern.

All das ist gut ausgegangen, auch wenn ich hier ein Jahr Pause gemacht habe: Ich hab mich selbständig gemacht, viel Zeit für mich gehabt, in Ruhe alle Probleme lösen können, zu deren Lösung ich beitragen konnte. Jetzt sollte man denken, dass ich mich zufrieden zurücklehnen und sagen könnte: Na also, es gibt nichts, wovor ich mich fürchten muss. ich bekomme am Ende alles geregelt.

Das ist auch so. Im Kopf jedenfalls. Seltsamerweise sagt mein Körper was anderes: Ich bin sehr schnell müde, ich bin immer wieder grundlos angespannt und bekomme irrationale Ängste. Meine viele zeit, die ich habe, scheint keinen Nutzen zu haben, denn ich fahre nicht mehr weg als früher, schreibe nicht mehr, lese nicht mehr und tue nicht mehr als zu der zeit, in der ich das Gefühl hatte, vor lauter Arbeit kein Leben zu haben.

Es ist, als wäre mein Körper ständig in einem Aufmerksamkeitsmodus, in einer Alarmstimmung, obwohl gar nichts passiert. Als ob er misstrauisch ist: Je länger nichts passiert, desto aufmerksamer muss er sein, denn es wird ja irgendwann wieder die nächste Katastrophe eintreffen und ich muss wieder ins Feuer rennen, denn das ist, was ich tue.

Mein Körper erinnert sich nicht mehr daran, wie es ist, entspannt zu sein und Dinge zu tun, die ihm gut tun. Oder vielleicht genauer, er befindet sich immer noch in der Krise von 2015, als alles gleichzeitig brannte und er perfekt funktionieren musste, weil die Welt tatsächlich untergegangen wäre, hätte er sich auch nur einen Tag krank genommen.

Ab Mitte 2016 waren alle Feuer gelöscht und es begann die Suche nach meiner eigenen Balance. Nur, dass der Aufbruch zu dieser Suche nicht wirklich stattfand. Schon ein bisschen, es war am Ende ein gutes Jahr, in dem ich viele schöne Dinge gemacht habe und viel aufräumen konnte, das liegenblieb. Aber so richtig anstrengend durfte es nie werden, denn sobald es Gefahr lief, selbst im Positiven, fühlte ich mich schwer und müde. Kompliziert war sofort bedrohlich. Also machte ich das Jahr unkompliziert. ich hatte genug Geld, konnte mich oft zurücklehnen und ausruhen, machte keine großen Pläne und steuerte immer die ruhigen Gewässer an. Ich hatte viele Menschen, die mich zu interessanten Partys einluden oder spannende Themen aufbrachten. Aber mein Körper hielt mich fast immer davon ab: Ich war oft erleichtert, wenn ich absagte.

Inzwischen ist mir klar, dass ich das Krisenjahr zwar gut gemeistert habe, aber noch lange nicht überstanden habe. Ich muss irgendwie meinem Körper noch klar machen, dass er weitermachen kann. Dass die Krise vorbei ist. Er glaubt es mir wohl aber leider noch nicht.

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Mittwoch, 30. Dezember 2015
Ein bisschen weniger schwierig wäre schön

Ich habe dieses Jahr mehrere Monate in einer ständigen Hochkonzentration verbracht. Alle Menschen, an denen mir etwas liegt, haben existentielle Krisen hinter sich bringen müssen und jede davon war nicht an einem Wochenende zu bewältigen sondern dauerte viele, viele Wochen.

Meine eigene Krise - ich wurde entlassen - begann dabei mitten in der Zeit, in der gerade alles am anstrengendsten war. Da ich die Aufgabe übernommen habe, für andere da zu sein und Stabilität zu erzeugen, war es mir nicht möglich, selbst eine Art Zusammenbruch zu haben. Das ist allerdings auch ganz gut gewesen, denn da ich sowieso gerade im Modus war, alles im Griff zu haben, konnte ich das einfach draufpacken und in derselben Weise abarbeiten.

Und als die Menschen um mich herum wieder Tritt gefasst haben, hatte ich auch meine zukünftigen Weichen gelegt (indem ich mich entschieden habe, mich endlich auch mal selbständig zu machen) und es gab keinen Anlass mehr für Panik.

Die letzten beiden Monate liefen dann auch wieder in einer angenehmen Geschwindigkeit, auch wenn die Zukunft völlig anders sein wird als die Vergangenheit. Meine direkte Umgebung wird nun ziemlich umgestülpt: Ich werde umziehen, mein Sohn wird bei mir wohnen, Eva ist verheiratet und hat ein (wundervolles) Kind, Astrid wird zumindest einige Zeit sehr weit weg ziehen. Ich merke jetzt schon, wie viel häufiger ich alleine bin und hoffe, Frauke öfter zu sehen als bisher und dass Judith Geduld mit mir haben wird.

Ich habe jedenfalls vor, mir mein Leben zurückzuholen. Ich will wieder reisen, ich will Zeit mit schönen Sachen und lieben Menschen verbringen. Ich will spüren, dass es mir gut geht.

Im Moment muss ich aber noch immer irgendwie aus dem alten Leben rauskommen. Das lange Zähne zusammenbeißen, das funktionieren müssen, das durcharbeiten hat mich unsicher gemacht, jetzt wo es nicht mehr nötig ist. Was muss ich denn jetzt tun? Ist ausruhen auch ok? Oder muss ich nicht schon irgendwas planen und bedenken? Und wenn ich mich ausruhe und gar nichts tue, warum habe ich das Gefühl, es macht mich träge und müde statt erholt und wach? Oder hab ich einfach noch nicht genug Erholung? Und ist es dann schlecht, wenn ich im Januar direkt wieder mit voller Leistung starte?

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Dienstag, 30. Juni 2015
Familie

Ich komme aus einer Großfamilie. Beim siebzigjährigen Geburtstag meiner Oma waren 180 Gäste und das waren alles Verwandte. Wir sind rund 50 Cousins und Cousinen. Ich habe fast jede Ferien meine Kindheit in diesem großen Haus meiner Oma verbracht, in dem rund 20 Menschen wohnten. Mit meinem Bruder war ich 20 Jahre lang quasi ununterbrochen ständig zusammen.

Andererseits bin ich heute viel alleine. Man könnte vermuten, dass mir das Schwierigkeiten macht, aber das tut es wahrscheinlich viel seltener als anderen Menschen. Vielleicht ist das so, weil ich als Kind alleine sein als luxuriöse Out-Time erlebt habe und nicht als hilflose Einsamkeit. Denn ich war nie hilflos und wenn ich nicht allein sein wollte, musste ich es nie sein.

Mit 46 Jahren ist die Geborgenheit einer Großfamilie, die einem schmächtigen, "draußen" eher stillen, Schuljungen das Leben so unbemerkt aber nachhaltig erleichtert hat, nicht mehr so präsent. Aber das Grundvertrauen, dass man nicht alleine ist, das bleibt und es lässt sich erhalten. Indem man seine Familie selbst aufbaut.

Ich habe Freundinnen und Freunde, die ich als Familie ansehe. Wir haben eine so enge Verbindung, dass wir uns nicht ständig versichern müssen, noch da zu sein - was eventuell auch einseitig ist, aber das ändert nichts daran. Diese Selbstverständlichkeit ist wichtig. Selbst wenn man sich mal ein paar Jahre aus den Augen verliert, ändert das nichts am Status der Beziehung. Und das gilt nicht nur für die engen Beziehungen, ich betrachte meine ganzen Bloggerfreundinnen und Freunde als erweiterten Familienkreis, als ob sie auch Cousinen und Cousins sind.

Meine Familie ist immer noch riesig. Es sind nur nicht mehr alles Verwandte.

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Donnerstag, 11. Juni 2015
Leben so

es gibt Dinge, die nicht gut funktionieren. Ich weiß nicht, was ich mit der Wohnung machen soll, also mach ich nichts und alles liegt herum. Mein Beruf macht mir so lala Spaß und ich ermüde daran, dass immer nur 10% dessen, was in der Vision gefeiert wurde, umgesetzt wird und der Rest unter die Räder des im Alltagstrott gefangenen Managements gerät. In meinem Freundeskreis liegt so viel Potenzial, das ich gerne unterstützen würde, aber auch hier herrscht viel Konjunktiv: Man müsste, man könnte, man sollte. Man tut es aber am Ende nicht.

Das ist, wenn das Leben stockt. Eigentlich ist das auch gar nicht so schlimm, wenn man Zeit hat. Aber ich habe das Gefühl, mir rinnt die Zeit zwischen den Fingern davon. Schnee schippen, wie Murakami den Alltagstrott nennt, kann ich ganz gut. Daher geht es auch immer weiter und ich bleibe nicht komplett stecken. Die Optionen gehen mir jedoch aus, ich bin nicht mehr Mitte Dreißig. Vielleicht ist das ja ein erster Schritt, um mehr Geschwindigkeit und mehr Fokus zu bekommen: Ungeduldig zu werden. Sich nicht mehr mit den mühsam und langwierig erreichten 10% zufrieden geben.

Aber ich bin noch nicht an der Stelle, an der ich weiß, wie es stattdessen funktionieren soll. Alles hinschmeißen und "neu anfangen" ist nie meins gewesen, ich mag Übergänge, Evolution und auf dem Aufbauen, was erreicht ist. Manche sehen dieses "von vorne anfangen" als Befreiung, ich verbinde das aber mit einer riesigen Anstrengung und auch damit, mit dem was man bisher getan hat, gescheitert zu sein. Was nicht mein empfinden ist, ich fühle mich alles andere als gescheitert. Im Gegenteil, deswegen möchte ich ja mal einen größeren Schritt sehen: Weil ich die Möglichkeiten erkenne, mit dem was ich kann und habe viel mehr machen zu können als ich bisher tue.

Währenddessen brechen um mich herum Menschen auf, entweder weil sie es endlich müssen oder weil das Leben ihnen neue, große Aufgaben stellt. Ich höre dort laut wichtige Weichen schalten und sie bitten mich um Hilfe und Unterstützung. Die ich ihnen gerne und mit Freuden gebe. Vielleicht ist das zunächst auch ein gar nicht mal so schlechter Ausgleich dafür, dass meine eigene Baustelle gerade nicht so vorankommt...

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weiß ich nicht, aber
offenbar haben sie ja geheiratet.
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Ist die Antwort auf
diesen Brief überliefert?
by Solminore (15.04.15, 13:11)
Plan, kein. Ich hatte die
ersten 40 Jahre immer eine einigermaßen klare Vorstellung, wo ich...
by jensscholz (14.04.15, 14:39)
das stimmt zwar, aber auch
die Fähigkeit, das zu erkennen ist eine, die man...
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ich finde das wunderbar -
vielleicht weil ich auch so bin - doch mancher...
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es, gebraucht zu werden. Wenn es sowas wie einen ganz...
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aktuell absolut drin wieder; Danke für's präzise Formulieren ! :)
by Kai Damm (30.09.13, 01:38)
Meine Vorstellung von einem perfekten
Moment Ich möchte am Meer sitzen, bei einer leichten Brise...
by jensscholz (03.08.13, 20:02)
Außen/Innen Das hier passiert mir
immer noch. Das kann man offenbar nicht ablegen. Man kann...
by jensscholz (26.06.13, 09:14)
Also zwischen uns liegen jetzt
zwar ein paar Jahre, aber ich kann das, was...
by wurzelfrau (14.05.13, 22:35)
klingt jetzt doch eher
koerperlich ;)aber okay, bei mir ist's der Ruecken
by meta (12.05.13, 22:41)
Zeit Ich fühle mich alt.
Das war zwar schon öfter mal so, vor allem nach...
by jensscholz (12.05.13, 22:07)

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